Wie funktioniert das eigentlich mit der Liebe? Stehen wir
irgendwann morgens auf und stellen fest: so geht das? Gibt es irgendeine
Betriebsanleitung, die wir schon als Mädchen mit unserer ersten Barbie
mitgeliefert bekommen? Oder ist alles, alles, was wir an Gefühlen erleben immer
nur eine Aneinanderreihung von Zufälligkeiten, sponaten Zufälligkeiten, die wir in sogfältig
beschriftete Schubladen packen und manchmal machen wir eben eine Lade auf, in
der steht Liebe. Und irgenwann öffnen wir die Schublade, nehmen die Liebe wieder
heraus und packen sie in die Schublade "Aautsch" oder in die
Schublade "Puuuh" und dann irgendwann in "Es war einmal?".
Ich habe vor etwa zwei Jahren einen Mann kennengelernt. Den
ich mochte. Auf Anhieb. Weil er ruhig und sanft und freundlich war. Ein Mensch
eben. Letzten Herbst begannen wir auszugehen. Konzerte, Oper, Fussball. Wir
haben uns die Nächte um die Ohren geredet und um die Herzen gelacht. Wir haben
geschwiegen. Wir haben genossen. An meinem Geburtstag hat er mich zum ersten
Mal geküsst. Einen Monat später die erste Nacht. Kaffee ans Bett und Lächeln
für den Tag. Filme. Immer wieder Filme. Jarmusch. Allen. Alte Western.
Punkkonzerte, die wir beide so sehr lieben. Es war perfekt. Wir lernten uns
kennen. Und kennen. Und kennen. Und kennen. Und kamen keinen Schritt weiter.
"Ich möchte immer neben Dir aufwachen" sagte er einmal "ich habe
mich so daran gewöhnt". Wie machten Pläne. Nein, nicht wir, letzten Endes
machte ich sie. Und er sagte "O.k., können wir machen". Und plötzlich
war er weg. Nicht räumlich. Einfach so. Erstes ignorieren, Trunkenheit mit
Freunden. Nein, mit Kumpels. All das Feine an ihm war von einen Tag auf den
anderen weg. Und ich habe gekämpft. Innerlich natürlich. Wir Frauen kämpfen ja
immer innerlich. Sind wir mit 16 in unserem traurigen, weinenden Kummer noch
süß, kommen wir ja irgenwann in die Schublade "peinlich". Wann
passiert das eigentlich? Wann kommt die gute Fee und sagt: Hey, jetzt reiß Dich
mal zusammen, Du bist zu alt für so etwas?
Vor ein paar Wochen bat ich ihn um ein Gespräch und fragte
ihn, was mit uns passiert sei. Wo die Unbeschwertheit hin sei? Die Nähe? Er
sagte, er sei nicht für dieses Beziehungsding geschaffen. Und er vermisse das
Schöne, dass wir hatten. Und bat um einen Neuanfang. Seitdem? Ein Kinobesuch,
unzählige nicht beantwortete Nachrichten. Tränen. Alkohol, noch mehr Tränen,
Freundinnen, die zwischen Trost und Sarkasmus schwanken, weil sie mich in
meinem Kummer nicht mehr ertragen haben. Unzählige Flirtversuche. Gescheiterte
Flirtversuche. Noch mehr Tränen, noch mehr Alkohol. Geflucht. Geschimpft.
Geweint.
Am Samstag: eine Party bei einem gemeinsamen Bekannten. Mit
vielen gemeinsamen Bekannten. Und Freunden. Ich hatte einen wunderschönen
Abend. Mit meinen Freunden. Zum ersten Mal seit langem ist mir aufgefallen, wie
viel ich in den letzten Monaten verlebt habe, weil ich diese verdammte
Schublade nicht aufbekommen habe. Weil sie geklemmt hat. Oder ich kraftlos war.
Oder weil wir uns vielleicht alle davor fürchten, diese Schublade namens Liebe
zu öffnen und etwas heraus zu holen und woanders hinein zu tun. Aber eben nicht mehr in die Liebe-Schublade.
Meine wunderbare Freundin S. ist frisch verliebt. Ich kann
mich nicht sattsehen an diesem Anblick. An ihrem Lächeln. An ihrem Strahlen. An
diesem "so muss es sein". Und habe gemerkt, meine Schublade klemmt
gar nicht. Meine Hand hat nur diesen endlos langen Umweg über mein Herz
gemacht.
Ich habe ihn vor drei Stunden zufällig getroffen. Er hat
mich angelächelt. Mit seinem Große-Jungen-Lächeln. Er war für mich wieder der
Mann, den ich vor zwei Jahren getroffen habe. Ich habe zurück gelächelt.
Die neue Schublade? Sie heißt: "Schön war's. Danke
..."
Wow.
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